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Entdecke Anajaras Profil

 

 

Anajara Amarante ist ein*e queere*r, chronisch kranke*r Künstler*in und Choreograf*in. Anajara hält Vorträge, berät, schreibt, tanzt, performt und spricht mit mir im folgenden Interview über Ideen, Inspirationen und interdisziplinäre Arbeit.

 

Maria: Wie würdest Du Deine künstlerische Praxis beschreiben?

 

Anajara: In letzter Zeit gibt es ein Wort, das viele der Themen beschreibt, für die ich mich interessiere: dissident. Dissidente Körper, dissidente Kunstpraktiken, dissidente Sichtweisen auf eine normative Art, Kunst zu machen. Verorten würde ich meine künstlerische Praxis in der Überschneidung von Disability Arts und dem Versuch einer dekolonialen Perspektive.

 

M: Wie beeinflussen und inspirieren sich die verschiedenen Medien, in denen du arbeitest, gegenseitig? Oder ist es das Thema, welches das Medium bestimmt?

 

A: Ich denke, das hängt zusammen. Aber ich muss sagen, dass in den letzten Jahren mein Gesundheitszustand den größten Einfluss darauf hatte, welches Medium ich wähle oder dass ich in einer Performance eine gemischte Mediensituation (Text, Video, Sound, Bewegung, Objekte, etc.) schaffe. Wenn ich viel Zeit im Bett verbringen muss, fällt es mir leichter, einen Text zu schreiben, als eine Choreografie zu erdenken. Vor allem, weil ich mit Intuition arbeite und Dinge ausprobieren möchte. Der Körper trägt so viel Wissen in sich und schafft es auf eine nicht-rationale Art und Weise, Kunst zu machen.
Es gefällt mir, wie durch die Verwendung verschiedener Medien in einer Performance die Zugänglichkeit verbessert werden kann, weil es mehr Bezüge als nur den bewegten Körper gibt. Abgesehen davon habe ich Kommunikation studiert, also denke ich, dass ich immer versuche, auf alle möglichen Weisen zu kommunizieren.

 

M: Du hast auch Biologie studiert. Beeinflusst und inspiriert auch das dein Wirken?

 

A: Auf alle Fälle. Neben der Auseinandersetzung mit dem Klimawandel, nun Klimakollaps, interessierte ich mich in letzter Zeit sehr für die Wahrnehmung von Zeit: Die Beziehung zwischen Crip Time und der Naturzeit und wie sehr die Uhrzeit mit dem kapitalistischen System verbunden und daher überhaupt nicht natürlich ist. Wenn man die Natur beobachtet, sieht man, dass viele Tiere sich tagsüber hinlegen. Oder dass die unterschiedlichen Rhythmen eines Kolibris und einer Schildkröte nicht verurteilt werden. Wir Menschen haben uns sehr von unseren tierischen Körpern abgekoppelt. Alles, was von der normativen Art zu produzieren abweicht, wird entweder als krank oder nicht wertvoll angesehen.

 

M: Woher kommt die Inspiration für eine Recherche oder eine Idee für eine Arbeit?

 

A: Es ist eine Mischung aus der Umgebung, also dem Ort, an dem ich mich befinde, dem Ort, an dem sich mein Körper befindet, und den Ideen anderer Leute. Die Idee, Crip Time zu erforschen, kam vor der Idee, sie mit der Natur zu verbinden. Mir wurde klar, dass meine Zeit überhaupt nicht normativ war. Es gab einige Monate, in denen es schwierig war, der Uhr zu folgen und so waren Fragen der Zeit das, was ich in meiner Körperumgebung hatte. Diese Wahrnehmung und Empfindung verstärkte sich, als eine befreundete Person sagte: „Was ist mit der Naturzeit?“ Dann begann ich, die Ideen indigener Kulturen über Zeit zu recherchieren oder mit Menschen über Spiritualität und Zeit zu sprechen. Da fing alles an.
Ich würde gerne die Möglichkeit haben, mit Zeit und Mitteln diese Überschneidung von Crip Time und Naturzeit zu erforschen. Und zwar nicht nur, dass es in einer Performance resultiert. Ich wünsche mir die Möglichkeit, Orte zu besuchen, Menschen zu interviewen und Zeit zu haben, die Natur zu beobachten und die verschiedenen Tempi wahrzunehmen, die sie in sich trägt.

 

M: Hast du einen Wunsch für die Berliner Tanz- und Performancelandschaft?

 

A: Ich würde mir wirklich wünschen, die Menschen in Nordeuropa würden aufhören, sich über Kunst zu ärgern, die von außerhalb Europas kommt, wenn die Künstler*innen hier leben. Ich habe oft beobachtet, dass wenn Theater- oder Tanzgruppen aus Brasilien oder anderen Orten des globalen Südens für ein Gastspiel kommen, die Leute das großartig und vor allem exotisch finden. Lebt man hingegen hier, wird die europäische Ästhetik als die einzige professionelle Art und Weise angesehen, Kunst zu schaffen. Vielen Künstler*innen geht es wie mir: Wir kommen hierher und müssen lernen, wie man in der Kunstszene arbeitet und sozial agiert. Wir sind daran gewöhnt, dass bestimmte Dinge passieren, weil sie Teil einer Kultur sind, aber uns begegnet oft nicht das gleiche Verständnis. Das beunruhigt mich.

 

Veröffentlicht im Dezember 2024. Text von Maria Ladopoulos.